Ein Denkmal für Max Eyth

Vorwort:

In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts endete eine landtechnische Epoche – die Epoche der Dampfpflüge.
Max Eyth war es, der in vielen Teilen der Welt für den Engländer FOWLER dem Dampfpflug-Gedanken zum Erfolg verholfen hat.
Vor der Max-Eyth-Schule in Kirchheim-Teck wurde nun eine historische Dampflokomobile als landtechnisches Denkmal aufgestellt.
Mit der vorliegenden Schrift soll über Max Eyth und einen Teil seines Lebenswerkes — das Dampfpflügen — berichtet werden.
 
WIRTSCHAFTSMINISTER DR. HANS-OTTO SCHWARZ, STUTTGART, ÜBER DIE BEDEUTUNG DER LANDTECHNIK

Als am 18. März 1967 die FOWLER‘sche Dampflokomobile vor der Max-Eyth-Schule in Kirchheim-Teck aufgestellt wurde, sagte der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Dr. Hans-Otto Schwarz, in seinem Festvortrag u. a.:

“Ich habe mir ‘mal in meinem Hause einige Zahlen zusammentragen lassen, die Ihnen vielleicht besser als ein langer Vortrag zeigen, wie sich die Dinge in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben.

So wurden für Ernte und Drusch von 3 ha Getreide seit 1840 folgende Zahl von Arbeitskräften eingesetzt:

im Jahre1840 mit Sense und Dreschflegel                          126 Personen
im Jahre1880 mit Grasmäher und Dreschmaschine             32 Personen
im Jahre1900 mit Getreideableger und Dreschmaschine    21 Personen
im Jahre1925 mit Rinder und Dreschmaschine                    18 Personen
im Jahre1957 mit Mähdrescher                                              3 Personen

Also von 1840 bis 1957 durch die Entwicklung der technischen Verfahren von 126 Personen auf 3 Personen.

Das ist die Entwicklung der Technik in der Landwirtschaft.“

 

MAX EYTH – LEBEN UND WIRKEN –


von Oberstudiendirektor Arndt, Kirchheim—Teck

Prof. Theodor Heuß sagte anläßlich einer Max-Eyth-Gedächtnisfeier: ”Er ist mit den hellsten Augen durch die Kontinente gewandert und hat sich doch nie in ihnen verloren, er hat sich selber nicht in sich verloren. Die überlegene Ökonomie seines Wesens, in der Tat sich zu bewähren, in der Muse, in den Musen galt, sich zu bewahren, das gibt die schier unvergleichliche Melodie seines Lebens.”

Als Max Eyth im Jahre 1904 auf der Hauptversammlung des Vereins Deutscher Ingenieure in Frankfurt seinen Vortrag über Poesie und Technik hielt, hat schon die Ankündigung dieses Vortrages nicht nur bei den Ingenieuren, sondern auch in anderen Kreisen der Gebildeten große Erwartung ausgelöst; waren doch nach der damaligen Ansicht Technik und Poesie zwei sich völlig widersprechende Begriffe, die zueinander keinerlei Berührungspunkte besaßen. Wie kann man, so wurde gesagt, die kalte, rauhe, lärmende, materialistische Technik mit ihrem nüchternen Formelkram in einem Atemzug mit der zarten, duftigen, leichtgeschürzten Muse der Poesie nennen, die uns doch die müßigen Stunden des Lebens verschönern und in eine höhere Idealwelt einführen soll, während alles, was Technik heißt, nur die häßliche Wirklichkeit selbst darstellt? Max Eyth hat nicht nur in seinem Vortrag diese Frage glänzend beantwortet, er hat auch in seinen Werken gezeigt, welche Poesie in der Technik steckt und wie diese Poesie zu finden ist. Er, der von frühester Jugend an begeisterter Techniker war, trotz des Einflusses eines traditionell klassisch— philologischen Elternhauses in klösterlicher Waldeinsamkeit, er, der unbedacht die ihm dargebotene humanistische Ausbildung ablehnte und, wie man damals sagte, “nichts Rechtes gelernt habe“, er hat es verstanden, in seiner, alle Körper— und Geisteskräfte erfordernden Arbeit, die wunderbaren Schönheiten zu entdecken, und das Gefundene in seinen Werken festzuhalten. Für ihn sind Sprache und Werkzeug in gleicher Weise Produkte des Geistes — denn, wie die Sprache ein Werkzeug des Geistes ist, so ist umgekehrt auch das Werkzeug eine Sprache des Geistes. Schon andere hatten vor ihm versucht, die Poesie mit der Technik zu verknüpfen, aber man merkt es diesen Dichtungen an, und der Fachmann fühlt es besonders deutlich, daß die Dichter aus einer fremden, nicht aus der eigenen Welt geschöpft haben. Eyth tritt nicht als Laie von außen an technische Dinge heran, um sie in sich zu verarbeiten und in dichterischer Form wiederzugeben, sondern er selbst steht ja mitten in dieser technischen Welt. Wenn hier versucht werden soll, Leben und Wirken unseres Dichteringenieurs in kurzen Zügen zu entwickeln, so ist äußerste Einschränkung notwendig. Es Ist unmöglich, ein so überaus arbeitsreiches Leben in knappen Umrissen auch nur einigermaßen vollständig wiederzugeben.

Die Familie Eyth soll nach der Reformation aus Salzburg in Württemberg eingewandert sein und sich in Tübingen niedergelassen haben. Dort war sein Ururgroßvater und auch sein Urgroßvater ehrsame Küfermeister. Von beiden stammen wohl die technische Ader und das anschauliche, klare Denken, mit dem Eyth Welt und Leben erfasste. Von den großen Fässern, die diese wackeren Vorväter bearbeitet haben, stammt vielleicht auch die humorvolle, stets feucht-fröhliche Stimmung, die unseren Eyth sein ganzes Leben hindurch begleitet hat. Aber auch sein Großvater und Vater, beide Professoren der alten Sprachen an württembergischen Gymnasien, der erste in Heilbronn, der letztere in Kirchheim-Teck, werden wohl auch die Freude am traulichen Gespräch beim kühlen Trunk auf Enkel und Sohn vererbt haben. Wenigstens lassen die launigen Schilderungen der Klosterschulprofessoren, die uns Eyth in seinem “Schneider von Ulm“ gibt, einen derartigen Schluss nicht ungerechtfertigt erscheinen. Der Vater, Professor Dr. Eduard Eyth, der im Jahre 1840 eine Stelle am evangelisch-theologischen Seminar in Schöntal an der Jagst erhält, unterrichtet seinen Sohn zunächst selbst. Die Schule mit ihren klassischen Stunden scheint dem jungen Eyth das Leben aber verbittert zu haben, denn er sagt, dass ihm das Stillschweigen hierüber fast zur angenehmen Pflicht geworden sei. Nun, sein Vater ist einsichtig genug, dem Sohn, der nachts nur noch von Ellipsen und Kreisen träumt und die klassische Welt der Griechen und Römer im schönen wesenlosen Scheine versinken lässt, die Freiheit zu lassen. Das Leben im Elternhaus in Kirchheim und später in Schöntal muss für Eyth trotzdem glücklich gewesen sein, denn seine Briefe an die Eltern, in denen er von seiner Arbeit und seinen Erfolgen berichtet; sie tröstet, wenn sie sich um den in aller Welt herumfahrenden Sohn sorgen, ihnen aber auch, oft in schelmischer Weise unter Anspielung an den verlorenen Sohn, der “nichts Rechtes gelernt hat“, dankt, dass sie ihm die Freiheit gelassen haben, lassen seine Anhänglichkeit an die Eltern und Geschwister deutlich erkennen.

Seiner Mutter widmet er seine Skizzen aus dem Tagebuch eines Ingenieurs “Hinter Pflug und Schraubstock“ mit folgenden Versen:

Es hat Dir nie so recht gefallen, Gefahren sahst Du allerorten und wußtest kaum, weshalb Du weinst.

Nun sieh, aus Deinen Sorgen allen ist dieses Büchlein nur geworden und ich bin heute noch wie einst.

Mit 15 Jahren verlässt Eyth die Schule und geht nach Stuttgart aufs Polytechnikum, um Maschinenbau zu studieren. “Ich sage Euch“, schreibt er den Eltern, “dass ich nach meiner Überzeugung endlich da bin, wo ich hingehöre.“

So beginnt für Eyth ernste wissenschaftliche Arbeit. Man legte damals noch den Hauptwert auf die Theorie, die für umso wissenschaftlicher gehalten wurde, je mathematischer sie war. Eyth hat anfangs über diese Buchgelehrsamkeit gespottet, ist aber später gerechter geworden und hat ausdrücklich zugestanden, dass ohne den schulgerecht gebildeten Ingenieur in der Praxis nicht viel ausgerichtet werden kann. Wenn auch nach unseren heutigen Begriffen Eyth noch etwas zu jung für ein Studium war, so war er doch innerlich reif genug, die wissenschaftliche Arbeit und das Burschenleben in seiner Verbindung ins richtige Verhältnis zu setzen.
Nach dem Studium folgt nun das praktische Jahr und so macht auch Eyth den “Sprung aus der luftigen Höhe einer polytechnischen Schule in die Tiefe der Praxis“.
Zuerst muss er in der Maschinenfabrik Göbel in Heilbronn mit Meißel und ein paar wohlgebrauchten Teilen einem großen gegossenen Zahnrad die Zähne putzen und es war für ihn nur ein schwacher Trost, dass er eine Epizykloiden-Verzahnung erkannte. Eine etwas eintönige Arbeit, die er durch Skizzen und Verse aufzuhellen versucht. Doch der Werkführer hat kein Verständnis für diese Poesie der Technik und jagt ihn, samt seinem philosophierenden Freund, zum Kuckuck.
Mit Hilfe eines Großonkels gelingt es Eyth, bei der Firma Kuhn in Berg unterzukommen. Hier steigt er allmählich vom Lehrjungen zum Zeichner empor und wird auch mit kleinen Geschäftsreisen betraut. 1860 schickt ihn Kuhn nach Paris, um dort die technischen Einzelheiten einer Lenoirschen Gasmaschine auszuspionieren, um sie nachbauen zu können. Der Erfolg blieb leider aus und erst später lernt Eyth es als unumstößliche Wahrheit erkennen, dass man Erfindungen nicht macht, indem man um die Bude anderer herumschleicht. Die Bekanntschaft mit Paris wirkt mächtig auf den jungen Mann. Er gibt seine Stellung in Berg auf und fährt, nachdem er vergeblich in Belgien versucht hatte, Arbeit zu finden, nach England. “Meine Pläne? Sie sind einfach genug: Hinaus lernen und lernend schaffen, alles andere muss sich finden.“ An seinem 25. Geburtstag landet er, mit seinen Zeugnissen und einem Bündel Empfehlungsbriefe in der Tasche, in England. Vier volle Monate durchstreift er London, fährt nach Manchester, Leeds, Birmingham, ohne unterzukommen. Aber Eyth verliert nicht den Mut, lässt Land und Leute auf sich einwirken und zeigt eine bewunderungswürdige Ausdauer.

Am 5. September 1861 schreibt er an seine Schwester: “So oft ich einen Knopf an meine Hose nähe und das geschieht gegenwärtig häufiger, denn ich fange an, aus dem Leim zu gehen, denke ich an Euch. Es freut mich, Euch zuerst die erfreuliche Mitteilung machen zu können, dass ich seit heute früh nach monatelangem Umhervagabundieren endlich einen Stein gefunden habe, auf den ich mein Haupt niederlegen kann. Derselbe befindet sich in Leeds, wohin ich übermorgen aufbreche, um ein neues Kapitel in dem zweiten Hauptstück meines Lebens, den Wanderjahren, anzufangen. Möchten sie nicht wie bei Goethe schlechter werden, als die Lehrjahre.

Mr. Fowler, sein neuer Herr und Meister, ein noch junger, liebenswürdiger Mann, Quäker, Besitzer einer erst in der Entwicklung begriffenen Maschinenfabrik, Erfinder des neuesten Dampfpfluges, wirbt ihn für sein Unternehmen an, bei anständiger, wenn auch nicht glänzender Bezahlung. Die Frage, ob Eyth verheiratet sei, begründet Fowler damit, dass er viel zu reisen habe. “Da hob sich mein Herz, und ich betete, pharisäisch auf alle verliebten Herzen herabblickend: Ich danke Dir, Gott, dass Du mich nicht verheiratet hast.“

Nun beginnt für Eyth eine schaffensfrohe Zeit. Zwanzig Jahre bleibt er in Fowlers Dienst, als Pionier, die Dampfpflugkultur in aller Herren Länder einführend und dabei einen köstlichen Schatz von Lebenserfahrung in sich aufnehmend, aus dem er später seine Schriften schöpfen konnte. Er muss hinaus aufs Feld, um bei Regen, Wind und Schnee das Dampfpflügen gründlich zu erlernen. Wochenlang ist er im Herbst auf den nebligen Feldern und macht alle Stufen vom Wasserträger und Heizer bis zum Pflüger und Monteur durch. Abgearbeitet und müde kommt er abends nach Hause und dann lassen ihn seine Musik, seine Skizzen und seine Briefe an die Eltern die harte Zeit vergessen. Als Fowler ihn eines Tages auffordert, sich für eine baldige Reise nach Ägypten bereit zu halten, schien für ihn eine heimliche Sehnsucht langer Jahre gestillt zu werden. Schon in frühester Jugend hatte Eyth eine besondere Vorliebe für das Land der Pharaonen und Pyramiden und in seinem Roman “Der Kampf um die Cheopspyramide“ gibt es eine prächtige Schilderung der Wunderwelt des Orients. Leider verschiebt sich die Reise und er muss noch über ein Jahr warten. Diese Wartezeit füllt er mit rastloser Arbeit aus. Er konstruiert einen selbsttätigen Seilträger für den Dampfpflug, der zwei Mann Bedienung entbehrlich macht, sowie einen Wickelapparat für die Seiltrommel des Zweimaschinensystems. Nun schätzt man seine technischen Fähigkeiten und beauftragt ihn mit allen schwierigen Arbeiten. Im Frühjahr 1862 schickt man ihn als Vertreter der Firma Fowler zur Weltausstellung nach London. In seinen Briefen an seine Eltern schildert er die Ausstellungsverzweiflung kurz vor Eröffnung, wie er selbst sich um alles kümmern muss, wie seine Landsleute die unmöglichsten Dinge von ihm verlangen und wie er selbst in der Gemäldegalerie und abends im bayerischen Viertel seine Erholung sucht. Als er nach Ausstellungsschluss wieder in den Rauch und Nebel von Leeds zurückkehrt, winkt ihm endlich die lang ersehnte Reise nach Ägypten. Ganz Ägypten war vom Baumwollfieber ergriffen, da durch den amerikanischen Bürgerkrieg die Häfen der Südstaaten blockiert und die Baumwollausfuhr nach Europa abgeschnitten war, und nun sollte Eyth bei Halim Pascha, dem Oheim des Vizekönigs Esmau Pascha, die dort stehenden Fowler‘schen Dampfpflüge, die in den Händen der ägyptischen Fellachen nicht funktionieren wollten, im Gang bringen. Drei Jahre steht Eyth als Chefingenieur im Dienst des Prinzen Halim. Er konstruiert einen neuen Baumwollpflug, eine Kombination von Häufelpflug und Schollenbrecher, entwickelt neue Dampfpumpen, schafft weitere Bewässerungsanlagen und lässt noch mehrere Fowler‘sche Dampfpflüge aus England kommen. Er modernisiert die Werkstätten und den Maschinenpark und kümmert sich um alles. Trotzdem findet er noch Zeit, mit dem Prinzen im Zeltlager am Wüstenrande über technische, wirtschaftliche, politische und religiöse Fragen zu diskutieren.

Am 9. April 1865 hört der amerikanische Bürgerkrieg auf und mit ihm die Sperrung der Baumwollausfuhr. Die Hochkonjunktur der ägyptischen Baumwolle ist zu Ende und Prinz Halim kann sich nur noch kurze Zeit halten, dann bricht sein Betrieb unter der Schuldenlast zusammen und er muss Eyth entlassen.
“Sic transit gloria mundi! Meine ägyptische Laufbahn ist zu Ende und so lasse ich denn meinen Orangegarten, den Nil, die Wüste und mein arabisch‘ Ross und gehe wieder einer grauen, nebligen Zukunft entgegen“, schreibt Eyth am 8. April 1866. Eyth kehrt wieder zu seiner alten Firma in Leeds zurück. John Fowler war inzwischen verstorben und dessen Bruder Robert leitet nun die Firma. Auf Wunsch Robert Fowlers geht Eyth nach Amerika, wo durch die Aufhebung der Sklaverei Arbeitermangel eingetreten war und nun die Dampfpflüge Ersatz stellen sollen. Gleichzeitig soll er die Versuche einer neuen Seilschleppschifffahrt, die der belgische Baron de Havre in Amerika einführen will, überwachen. Er durchkreuzt die Nord- und Südstaaten und überall findet er dieselben dollargierigen Menschen. “Jeder hat genau dasselbe Ziel, jeder fast genau dieselben Mittel. Die Spuren anderer Gedanken, die hier und da auftauchen, sind importiert, und wenn sie je in dem seichten Boden Wurzeln fassen, sind sie nach wenigen Wochen von dem grauen Stäub des amerikanischen Lebens fast zur Unkenntlichkeit entstellt.“ Während Eyth an der demokratischen Freiheit in England noch einigen Gefallen gefunden hat, erklärte er die in Amerika herrschende Freiheit als eine Tyrannei der Masse, die nach Besitz ringt und kein Recht kennt. Die Freude am Wandern und an der Natur hat ihn auch im nüchternen Land des Dollars nicht verlassen. “Wenn auch das geschäftliche Ergebnis meines amerikanischen Aufenthaltes gering war, so habe ich doch an technischer, namentlich an allgemein menschlicher Weisheit ein rundes, wohlgefülltes Säckchen auf die Seite gebracht.“

1868 ist Eyth wieder in England. Seine Lehrjahre, wie er sie nennt, sind vorüber und die Wanderjahre beginnen, die ihn in der ganzen Welt herumwerfen. Zunächst geht er nach Belgien, dann nach Deutschland, nach Ungarn, und schon schwimmt er über den Atlantischen Ozean nach den Kleinen Antillen. Nach dem deutschfranzösischen Krieg geht er wieder auf Wanderschaft. Er vertritt seine Firma bei der Wiener Weltausstellung. In Russland muss er eine neue technische Aufgabe lösen, nämlich die Lokomobile mit Stroh anstatt mit Kohle zu heizen. Nun geht es nach Peru, dann die Westküste entlang nach San Francisco. Das Jahr 1878 ruft ihn nach Paris zur Weltausstellung, dann geht‘s nach Konstantinopel, Bukarest, Algier und wieder zu seinen Pyramiden. Die Zwischenzeiten bringen ihm in Leeds überreiche Arbeit. Neue Aufgaben treten an ihn heran, so auch Druckluftmaschinen für Tunnelarbeiten. Dazu muss sich Eyth in das ganz neue Gebiet der mech. Wärmetheorie einarbeiten. Er ist begeistert von den neuen Erkenntnissen:
“Ein wundervolles Gewebe von physikalischen Tatsachen und philosophischen Gedanken. Wahrend man dem geheimnisvollen Leben von Kräften im Innersten der Stoffe nachspürt, des unfassbare Unendlichkleine fühlt, greift und misst, vergeistigt uns die Materie sozusagen unter den Fingern“.
21 Jahre war Eyth bei Fowler, hatte das Unternehmen mit hochbringen helfen und ihm seine ganze Lebenskraft gewidmet und jetzt versucht die junge Generation der Fowlers ihn hinauszudrängen.

1882 löst Eyth seinen Vertrag mit Fowler und kehrt nach Deutschland zurück. Eyth war 46 Jahre alt, als er England verlässt. Er hatte viel gearbeitet, die Welt gesehen und genügend gespart, um sorglos leben zu können. Aber die Arbeit war so stark mit seiner Natur verwachsen, dass er ohne sie nicht hätte auskommen können. Er begann, nach dem Vorbild der Royal Agricultural Society of England, in Deutschland eine Landwirtschaftsgesellschaft zu gründen, die durch jährliche Wanderausstellungen alle Zweige der Landwirtschaft, vor allem auch die landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte den deutschen Landwirten vorführen sollte. Es war für ihn keine leichte Aufgabe, die 1650 kleinen und kleinsten landwirtschaftliche Vereine in Deutschland, die sich gegenseitig deutsch brüderlich befehdeten, zu einer gemeinsamen Gesellschaft zu vereinigen. “Ein Mann, der nicht manchmal das Unmögliche wagt, wird das Mögliche nie erreichen“, hatte sich Eyth zum Wahlspruch genommen. Ganz selbstlos stellt er sich in den Dienst der großen Sache. Mit Idealismus und Wagemut und mit einer Zähigkeit ohnegleichen, schafft er sein Vorhaben. Im ersten halben Jahr will er 250 Mitglieder, in den ersten zwei Jahren 2500 zu einem Provisorium zusammenbringen. Erst dann sollte die endgültige Gesellschaft gegründet werden. Und es gelingt fast auf den Tag.

Am 11. November 1885 findet die Gründung der “Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft“ in Berlin statt. Die erste Wanderversammlung wird in Dresden abgehalten, dann kommen die Ausstellungen in Frankfurt, Breslau, Magdeburg, Bremen, Königsberg, München, Berlin, Köln und Stuttgart. Mit der letzten Ausstellung unter seiner Leitung nimmt er Abschied von einem Werk, das er allein gegründet und dem er sich mit Leib und Seele, mit seinem ganzen Wissen und Können 14 Jahre lang gewidmet hat.

Die alte schwäbische Heimat zog ihn gewaltig zurück. 1896 läßt er sich in Ulm nieder und bezieht seine Wohnung auf dem Michelsberg. So wird dieser Berg sein Athos, nach dem er sich schon jahrelang gesehnt hatte. Hier hat er die letzten 10 Jahre seines Lebens verbracht. Hier entstanden seine wunderbaren Skizzen “Hinter Pflug und Schraubstock“, “Der Kampf um die Cheopspyramide“ und “Der Schneider von Ulm“, die in klassischer Darstellung seine Lebensarbeit, sein Denken und Empfinden in den verschiedensten Gestalten wiederspiegeln. Er hält noch Vorträge über wissenschaftliche und technisch interessierte Fragen und beschäftigt sich auch mit der Schiffbarkeit der Donau in Ulm. Aber immer wieder zieht es ihn hinaus. Mit Bergstock und Skizzenbuch durchstreift er Deutschland nach allen Richtungen, besucht nochmals seine alten Freunde in England und erlebt noch seinen 70. Geburtstag. Am 25. August 1906 setzt der Tod seinem unermüdlichen Schaffensdrang ein Ende.
Wie selten ein anderer, konnte Max Eyth von sich sagen:

Froh leg‘ ich mich nieder, was wünsch ich mir noch weiter vom scheidenden Leben?
So wollt‘ ich‘s! Ich danke, Allgütiger, Dir, daß Du es so mir gegeben.